Sturzprophylaxe - Wie können wir Stürze vermeiden?

Sturzprophylaxe - Wie können wir Stürze vermeiden?

von Marie 

Vorab: Dieser Beitrag richtet sich ausdrücklich neben unseren Kolleg*innen im Gesundheitswesen auch an pflegende Angehörige, die auf der Suche nach hilfreichen Tipps und Informationen sind.


Stürze sind niemals vollständig vermeidbar, aber unsere Aufgabe ist es, den Menschen mit denen wir arbeiten eine risikoarme Umgebung zu schaffen und Sturzereignisse weitgehend zu minimieren.

Es gibt eine Reihe von Faktoren, die Stürze bei betagten und in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen fördern bzw. begünstigen können.

Gehen wir zunächst auf das häusliche Umfeld (Umweltbedingte Faktoren) ein:

  • Stolperfallen, wie: Teppiche und Fußläufer, herumstehende Schuhe, Haustiere, freistehende Möbel (Sessel u.ä.)
  • kaum sichtbare Kontraste: Fußleisten, Abschlusskanten oder kleine Vorsprünge von bspw. Laminat o.ä.
  • ungeeignete Umgebung bei bestehender Mobilitätseinschränkung: hohe Badewannenränder, hohe Duschtasse, verwinkelte und enge Wohnräume, hochflorige Teppiche, rutschige und enge Treppen
  • falsch sitzende Kleidung und/oder Schuhwerk (Hauslatschen!)
  • schlechte Wohnumfeldbeleuchtung (Stichwort: Nachtlichter )

Darüber hinaus gibt es Risikofaktoren, die von der Person selbst ausgehen:

  • fortgeschrittenes Alter
  • Altersbedingter Schwindel
  • Muskelabbauprozesse (physiologisch)
  • chronische Grunderkrankungen, die einen kurzzeitigen Bewusstseinsverlust bedingen können (Diabetes mellitus, Herzrhythmusstörungen, Epilepsie, ...)
  • Sehstörungen und Störungen des Gleichgewichtes (Innenohrerkrankungen)
  • chronische Erkrankungen des Bewegungsapparates (Arthrose, Folgen früherer Stürze, Prothesenanlagen, muskeldegenerative Erkrankungen, ...)
  • Einschränkungen der Sensibilität, insbesondere im Fuß bei diabetischer Neuropathie
  • kognitive Einschränkungen, vor allem bei Demenzerkrankungen
  • Inkontinenz und damit einhergehende Unachtsamkeit "wenn's schnell gehen muss"
  • schlecht sitzende oder nicht angepasste Hilfsmittel
  • Uneinsichtigkeit in Bezug auf Hilfsmittelnotwendigkeit
  • gesteigerte Angst nach stattgehabten Sturzereignissen und daraus resultierende Unsicherheit

Außerdem steigert die Einnahme mancher Medikamente das Sturzrisiko (Opiate, Psychopharmaka oder aber die sog. Polypharmazie, also das einnehmen verschiedener Medikamente, welche von verschiedenen Medizinern verschrieben werden).

Beurteilung des Sturzrisikos:

Auch für die Beurteilung dieses individuellen Risikos gibt es mehrere Skalen, die sich bisher durchsetzen konnten. Eine der bekannteren ist die Sturzrisiko-Skala nach Huhn. Auch hier wird sich ein Punktesystem zunutze gemacht, welches anhand der erreichten Punktzahl eine Klassifikation zulässt und entsprechende Hinweise zu Maßnahmen liefert.

Es ist aber auch möglich, ein Risiko für Stürze ohne eine entsprechende Skala abzuleiten (insbesondere für pflegende Angehörige):

  • Ist das Gangbild im Allgemeinen unsicher? (Trippel-Schritte, Langhangeln an möbeln, Vermeidung längerer Wegstrecken, schlurfender Gang, ...)
  • Kam es bereits zu Sturzereignissen?
  • Ist die Wohnung bzw. das Haus im Allgemeinen barrierefrei oder zumindest barrierearm?
  • Äußert der/die Patient:in Angst vor Stürzen oder eine Unsicherheit beim Laufen?
  • Sind laut der oben gezeigten Auflistung mehr als 2 persönliche Risikofaktoren erfüllt?

Kann mindestens eine oder mehrere dieser Fragen mit JA beantwortet werden, so kann davon ausgegangen werden, dass ein Sturzrisiko vorliegt.Im folgenden stellen wir geeignete Maßnahmen zur Vermeidung von Stürzen dar.

Sturzvermeidung - Maßnahmenübersicht:

umweltbezogen (Häuslichkeit):
  • hindernisarme Umgebung schaffen
  • nachts für ausreichend Beleuchtung sorgen
  • geeignete Kleidung und geeignetes Schuhwerk sicherstellen (und regelmäßig überprüfen!)
  • frühzeitig über eine Haushaltsunterstützung und ggf. einen Pflegedienst nachdenken (für pflegende Angehörige)
  • Umbaumaßnahmen in Erwägung ziehen (Treppenlift, Badewanne zu Dusche, Bett mit elektrischer Unterstützung,...)
  • Hilfsmittel beantragen, regelmäßig überprüfen lassen und auch Zuhause nutzen!
  • regelmäßig den Hausarzt aufsuchen und den Medikamentenplan überprüfen lassen
  • möglichst viele der geliebten Teppiche aus den Laufwegen entfernen :)
Für Fachkräfte in Wohneinrichtungen und in der Klinik:
  • umweltbezogene Maßnahmen (siehe oben) beachten
  • Klingel-Rufanlagen in Reichweite und verständlich erklären
  • physiotherapeutische Maßnahmen iniziieren, um den Bewegungsapparat mobil zu erhalten oder die Mobilität zu verbessern
  • Aufklärung über die Nebenwirkung der eingenommenen Medikamente (insbesondere, wenn diese das Sturzrisiko steigern!)
  • Hilfsmittelnutzung anleiten und ermöglichen
  • Stolperfallen beseitigen, insbesondere bei Umgebungswechsel für den Patienten
  • nächtliche Beleuchtung in Betracht ziehen
  • bei bestehender Dranginkontinenz kann für die Nacht ein Toilettenstuhl angeboten werden, um den Weg zu verkürzen
  • Drainagen und Infusionsständer sind große Stolperfallen in der Klinik -> der Umgang damit sollte ausführlich erklärt werden
  • Freiheitsentziehende Maßnahmen sollten nur als allerletzter Ausweg in Erwägung gezogen werden

Ein Sturz kann für den/die Patient*in schwerwiegende Folgen haben. Alle Beteiligten am Pflegeprozess eines Menschen sind angehalten, das Risiko zu kennen und dafür zu sorgen, dass es weitgehend minimiert werden kann. 


Quellen:

https://flexikon.doccheck.com/de/Sturzprophylaxe

https://www.amboss.com/de/wissen/amboss-pflegewissen-sturzprophylaxe/

 

 


Autorinnen

Vivienne

Vivienne hat 2018 ihre Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin abgeschlossen und danach Illustrationsdesign studiert. Während ihres Studiums war sie als Leasingkraft in verschiedenen Einrichtungen in Berlin tätig.

Marie

Marie ist examinierte Kinderkrankenpflegerin, war nach ihrer Ausbildung im Leasing tätig und landete danach als Fachkraft auf der Intensivstation. Mittlerweile arbeitet sie als Rettungsassistentin und studiert Gesundheitspädagogik.

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