von Marie & Vivienne
Mit den ersten Schneeflocken die vom Himmel fallen, gleiten wir behutsam in die bevorstehende Vorweihnachtszeit. Auf den Stationen und Wohnbereichen wird eifrig die festliche Dekoration hervorgeholt, gelegentlich ziert sogar ein geschmückter Baum die Räumlichkeiten. Doch während wir uns auf die festlichen Tage vorbereiten, dürfen wir nicht übersehen, dass nicht alle unsere Patient*innen oder Bewohner*innen Weihnachten feiern. Welche Schritte sollten also unternommen werden, um eine respektvolle und inklusive Atmosphäre zu schaffen?
Ähnlich der geschlechtsspezifischen Pflege hat der Gesetzgeber auch die Notwendigkeit kultursensibler Pflege anerkannt. Dies ist im § 1 Abs. 5 des Sozialgesetzbuchs (SGB) XI verankert. Wir möchten Euch hier erläutern, was sich hinter dem Begriff "kultursensible Pflege" verbirgt und wie eine erfolgreiche transkulturelle Pflegebeziehung gestaltet werden kann.
Interkulturelle Kompetenz ist in der Pflege von entscheidender Bedeutung, da unsere Gesellschaft zunehmend multikulturell wird. Als Pflege(fach)kraft ist es wichtig, die Bedürfnisse und kulturellen Unterschiede der Patient*innen/Bewohner*innen zu verstehen und zu respektieren. Durch interkulturelle Kompetenz können Missverständnisse vermieden und eine angemessene Pflege gewährleistet werden.
Zudem trägt interkulturelle Kompetenz dazu bei, eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Pflegekraft und Patient*in/Bewohner*in aufzubauen. Wenn Pflege(fach)kräfte auf kulturelle Unterschiede eingehen und diese respektieren, fühlen sich die Patient*innen/Bewohner*innen verstanden und ernst genommen. Dies fördert eine positive Pflegeerfahrung und trägt zur Genesung bei.
Um interkulturelle Sensibilität in der Pflege umsetzen zu können, ist es wichtig, kulturelle Unterschiede zu verstehen und zu respektieren. Jede Kultur hat ihre eigenen Werte, Normen und Verhaltensweisen, die möglicherweise von den uns bekannten abweichen. Als Pflege(fach)kraft ist es wichtig, sich über diese Unterschiede zu informieren und sie zu beachten.
Dies kann beispielsweise bedeuten, dass bestimmte kulturelle Rituale oder Speisevorschriften berücksichtigt werden müssen. Indem Pflege(fach)kräfte auf die kulturellen Bedürfnisse der Patienten eingehen, zeigen sie Respekt und Wertschätzung für ihre kulturelle Identität.
Die Kommunikation mit Patienten unterschiedlicher kultureller Hintergründe erfordert Sensibilität und Einfühlungsvermögen. Sprachbarrieren können eine Herausforderung darstellen, daher ist es wichtig, alternative Kommunikationsmittel wie Dolmetscher oder sprachgestützte Technologien einzusetzen.
Darüber hinaus ist es relevant, auf nonverbale Kommunikation zu achten, da Gestik und Mimik in verschiedenen Kulturen unterschiedliche Bedeutungen haben können. Offene Fragen und aktives Zuhören können helfen, Missverständnisse zu vermeiden und eine gute Kommunikation zu ermöglichen.
Religiöse Bedürfnisse und Rituale spielen eine wichtige Rolle in der Pflege. Es ist angebracht, sich über die religiösen Überzeugungen und Praktiken der Patienten zu informieren und diese möglichst zu respektieren.
Dies kann beispielsweise bedeuten, dass Gebetszeiten oder religiöse Feiertage berücksichtigt werden. Pflege(fach)kräfte sollten offen für Gespräche über Religion sein und den Patienten die Möglichkeit geben, ihre religiösen Bedürfnisse auszudrücken und zu praktizieren, sofern sich davon niemand beeinträchtigt fühlt.
Interkulturelle Sensibilität sollte nicht nur auf individueller Ebene praktiziert werden, sondern auch im Team und im Unternehmen. Es ist bereichernd, eine diversitätsbewusste Arbeitskultur zu schaffen, in der alle Mitglieder des Pflegeteams respektvoll miteinander umgehen und kulturelle Unterschiede wertschätzen lernen.
Damit das Zusammenkommen verschiedener Kulturen auf dem Wohnbereich oder auf Station gelingt, sollten alle Pflege(fach)kräfte den Willen zur Umsetzung haben. Öffnet Euch für die individuellen Facetten der Multikulturalität. Stellt es Euch vor wie eine Entdeckungsreise in verschiedenen Ländern. Seit offen, neugierig und reflektiert Erlebtes. Das ist die beste Basis für Verständnis.
Etabliert auf Eurem Wohnbereich, Station oder Einrichtung Verfahrensstandards für unterschiedliche Kulturen. Es bietet sich an, für jede bekannte Kultur ein Datenblatt anzulegen. Hier werden die kulturellen Besonderheiten notiert, dazu gehören zum Beispiel Lebensmittel, die nicht konsumiert werden (dürfen), Rituale und andere interkulturelle Aspekte. (Beispielsweise Halal-Ernährung, Fasten während des Ramadan, Verzicht auf Schweinefleisch, Koschere Ernährung, Verzicht auf Rindfleisch o.ä.) Bestandteil der Verfahrensstandards sollte sein, dem/der Pflegebedürftigen und seinen/ihren Angehörigen die Regeln der Einrichtung zu kommunizieren. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass das Pflegepersonal, der oder die Pflegebedürftige und seine/ihre Angehörigen ein Miteinander unter Berücksichtigung wichtiger interkultureller Aspekte umsetzen können.
Wenn neue Mitarbeiter in der Pflegeeinrichtung oder im ambulanten Pflegedienst eingestellt werden, ist es wichtig, sie in die Multikulturalität der Einrichtung einzuführen. Unterlagen vorausgegangener Schulungen können als Handreichung dienen. Das Schulungsmaterial sollte laufend aktualisiert und ergänzt werden, damit neue Mitarbeiter vollumfänglich informiert werden. Es bietet sich an, eine Handreichung pro Kultur anzufertigen, um bei Bedarf schnell wichtige Aspekte nachlesen zu können.
Gemeinsame Feiertage und Festlichkeiten sind hervorragend geeignet, um einander näher zu kommen und Verständnishürden zu verringern. Richtet Feiertage und Festlichkeiten nach unterschiedlichen Kulturkreisen aus. Auf diese Weise schafft ihr eine solide Basis für gegenseitiges interkulturelles Verständnis und erzeugt ein „Wir“-Gefühl. Die Pflegebedürftigen und Angehörigen spielen in diesem Zusammenhang, wie die Mitarbeiter der Pflegeeinrichtung, eine tragende Rolle.
Einrichtungen können eine*n Mitarbeiter*in als Kulturlotsen beauftragen und qualifizieren. Hier bietet sich an, eine*n Mitarbeiter*in zu wählen, der/die selbst aus dem entsprechenden Land kommt (und „Muttersprachler*in“ ist) oder eine besondere Affinität zum Kulturkreis hat. Die Kompetenz des Kulturlotsen besteht darin, dass er/sie bereits gut informiert ist und Kontakte in die jeweiligen Kulturkreise hat.
Um Verständigungsprobleme vorzubeugen, können Wort- und Bildkarten/Piktogramme hilfreich sein, die für den Pflegealltag wichtige Begriffe enthalten sollten.
Regelmäßige Schulungen und Fortbildungen zum Thema interkulturelle Kompetenz können dabei helfen, das Bewusstsein und das Verständnis für kulturelle Vielfalt zu stärken.
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Vivienne
Vivienne hat 2018 ihre Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin abgeschlossen und danach Illustrationsdesign studiert. Während ihres Studiums war sie als Leasingkraft in verschiedenen Einrichtungen in Berlin tätig.
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Marie ist examinierte Kinderkrankenpflegerin, war nach ihrer Ausbildung im Leasing tätig und landete danach als Fachkraft auf der Intensivstation. Mittlerweile arbeitet sie als Rettungsassistentin und studiert Gesundheitspädagogik.
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